„Als Lotse weisen wir den Weg zum geeigneten Förderprogramm“
Im Unternehmen oder der eigenen Service-Organisation ist eine Idee für eine neuartige Dienstleistung entstanden, doch die Umsetzung ist mit den eigenen Finanzmitteln nicht zu stemmen. Die Bundesregierung unterstützt die Entwicklung innovativer Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle im Rahmen von Förderprogrammen. Wie Sie die passende Förderung für Ihr geplantes Projekt finden und was grundsätzlich bei der Beantragung von Fördermitteln zu beachten ist, dazu sprach SERVICE TODAY-Redakteur Michael Braun mit Anja Ruhland, Leiterin der Förderberatung „Forschung und Innovation“ des Bundes.
Michael Braun: Frau Ruhland, angenommen ein Unternehmen möchte ein innovatives Geschäftsmodell für den Service der Zukunft entwickeln. Wie werden solche Vorhaben in Deutschland gefördert und wo kann das Unternehmen Informationen über mögliche finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten erhalten?
Anja Ruhland: Die Projektförderung für Forschungs- und Innovationsvorhaben erfolgt in Deutschland auf der Basis von Förderbekanntmachungen. Hierbei handelt es sich um formale Veröffentlichungen, die zeitlich befristet sind und in denen die Ziele, Schwerpunkte, Zielgruppen und der Ablauf des Verfahrens definiert werden. Für die Entwicklung innovativer Produkte und Dienstleistungen gibt es unterschiedliche Fördermöglichkeiten – vom Bund, von den Ländern und der EU. Voraussetzung für eine Förderung ist, dass es sich um eine innovative Idee handelt. Das können technologische und nicht-technologische Innovationen sein, worunter auch soziale Innovationen fallen. Insbesondere Unternehmen, die wenig Erfahrung in der Akquise von Fördermitteln haben, fällt es schwer, sich einen Überblick über das vielfältige Förderangebot zu machen. Aus diesem Grund hat die Bundesregierung unseren Service eingerichtet – die Förderberatung „Forschung und Innovation“ des Bundes. Als Erstanlaufstelle geben wir passgenaue Tipps und Hinweise rund um die Forschungs- und Innovationsförderung in Deutschland. Wir agieren dabei als eine Art Lotse und weisen den Weg zum geeigneten Förderprogramm. Wenn eine Unternehmerin oder ein Unternehmer also ein Forschungs- oder Entwicklungsprojekt plant und nicht weiß, ob es ein passendes Förderangebot für dieses gibt, dann sollte er oder sie zum Hörer greifen oder uns eine E-Mail schreiben. Mein Team und ich beantworten Fragen schnell und unkompliziert – und noch dazu kostenfrei. Damit erspart man sich als Unternehmen viel Zeit für tagelange Recherchen.
Michael Braun: Wie läuft eine Förderberatung bei Ihnen konkret ab? Und wie sehen dann die ersten Schritte auf dem Weg zur Antragstellung für ein Projekt aus?
Anja Ruhland: In einem Beratungsgespräch lassen wir uns zunächst die Projektidee vorstellen. Dabei versuchen wir, bestimmte Fakten zusammenzutragen: Zu welchem Thema soll geforscht werden? Wer wird forschen – das Unternehmen allein oder in Kooperation mit weiteren Partnern? Welcher Technologie kann die Projektidee zugeordnet werden? Wofür genau wird Unterstützung benötigt? Diese und weitere Informationen ermöglichen es uns, passgenaue Förderoptionen für eine Projektidee zu identifizieren. Dabei orientieren wir uns an den aktuell geöffneten Förderbekanntmachungen. In einem nächsten Schritt weisen wir das Unternehmen darauf hin, welche Förderangebote für das geplante Projekt infrage kommen und erläutern die jeweiligen Voraussetzungen, Konditionen und Verfahrenswege. Ebenso gehört es zu unseren Aufgaben, die für ein spezifisches Förderprogramm zuständigen Ansprechpersonen zu benennen. Denn für die Umsetzung eines Förderprogramms beauftragt das zuständige Ministerium in der Regel einen Projektträger oder eine nachgeordnete Behörde. Die Mitarbeitenden dieser Stellen geben Auskunft zu inhaltlichen Details des Förderprogramms sowie zur Antragstellung.
Michael Braun: Wenn wir konkret auf die Projektförderung des Bundes blicken – wer wird unterstützt und welche Geschäftsmodellinnovationen in welchen Bereichen kommen in Frage?
Anja Ruhland: An den Forschungsförderprogrammen des Bundes können sich sowohl Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft als auch Hochschulen, Großforschungseinrichtungen und andere forschende Institutionen beteiligen. Darüber hinaus gibt es auch einzelne Programme, die speziell kleinen und mittleren Unternehmen – sogenannten KMU – vorbehalten sind. Gefördert werden vorrangig Forschungsverbünde zwischen Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen. Das Förderangebot des Bundes besteht zum einen aus themen- und technologiespezifischen Fachprogrammen. Diese legen ihren Schwerpunkt auf Aspekte wie neue Dienstleistungen, digitale Technologien oder Produktionsforschung. Zum anderen gibt es themenoffene Förderprogramme, zu denen beispielsweise das „Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand“ – kurz ZIM – gehört. Bei ZIM werden in nahezu allen Branchen die Entwicklung neuer Produkte, Verfahren und Dienstleistungen gefördert. Darüber hinaus sind dort neben Einzelprojekten von Unternehmen auch Kooperationsprojekte zwischen mehreren Unternehmen beziehungsweise zwischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen möglich.
Michael Braun: Interaktive Wertschöpfung muss als Gestaltung der Triade Dienstleistung, Arbeit und Künstliche Intelligenz verstanden werden – sind das auch die Schwerpunkte von FuE-Vorhaben, die von der Förderung des Bundes profitieren?
Anja Ruhland: Das strategische Dach der Forschungs- und Innovationspolitik der Bundesregierung bildet die Hightech-Strategie 2025. Darin werden die ressortübergreifenden Ziele und Schwerpunkte definiert. Dort ist unter anderem auch das Förderprogramm „Zukunft der Wertschöpfung“ verankert. Dieses verbindet die traditionellen Felder der Produktions-, Dienstleistungs- und Arbeitsforschung mit dem Ziel, die komplexen Beziehungen der Wertschöpfungskette ganzheitlich zu erfassen. Im Rahmen dieses Programms werden in regelmäßigen Abständen Förderbekanntmachungen mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung veröffentlicht. Bis zum 1. Juli 2022 konnten beispielsweise Projektskizzen zum Förderschwerpunkt „Innovative Arbeitswelten im Mittelstand“ eingereicht werden. Es gibt aber auch speziell auf KMU zugeschnittene Fördermaßnahmen im Bereich der Wertschöpfung. Dazu gehört die Fördermaßnahme „KMU-innovativ: Produktionsforschung“. Damit möchte die Bundesregierung besondere Anreize für KMU schaffen, im Rahmen des Programms „Zukunft der Wertschöpfung“ Projektideen einzureichen.
Michael Braun: Was genau ist unter einer Projektförderung zu verstehen? Muss die finanzielle Unterstützung des Bundes vom Unternehmen zurückgezahlt werden?
Anja Ruhland: Die Finanzierung von Forschungs- und Entwicklungsprojekten erfolgt in Deutschland in der Regel durch nicht rückzahlbare Zuschüsse. Diese Zuschüsse werden anteilig gewährt. In den Förderbekanntmachungen wird geregelt, in welcher Höhe der Zuschuss zu erfolgen hat. In der Regel bewegen wir uns hier zwischen 30 und 60 Prozent der zur Durchführung des Projekts veranschlagten Ausgaben. Die restlichen Mittel müssen vom antragstellenden Unternehmen bereitgestellt werden.
Michael Braun: Wenn man sich als Service-Organisation oder Unternehmen informieren möchte – gibt es eine Übersicht, welche Projekte bereits gefördert worden sind, und auch eine Übersicht über aktuelle Fördermaßnahmen des Bundes?
Anja Ruhland: Einen Überblick über geöffnete Förderbekanntmachungen erhält man beispielsweise auf der Webseite der Förderberatung des Bundes unter www.foerderinfo.bund.de. Dort bündeln wir themenspezifisch aktuelle Förderbekanntmachungen des Bundes im Bereich der Forschung, Entwicklung und Innovation. Die Bundesregierung hat außerdem die Förderdatenbank des Bundes geschaffen, die einen Überblick über geöffnete und geschlossene Förderprogramme des Bundes, der Länder und der Europäischen Union gibt. Dort werden auch die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Programmen aufgezeigt, die für eine effiziente Nutzung der staatlichen Förderung relevant sind. Eine Möglichkeit, um sich über bereits geförderte Projekte zu informieren, bietet der Förderkatalog. Hierbei handelt es sich um eine öffentlich zugängliche Datenbank, die mehr als 110.000 abgeschlossene und laufende Vorhaben der Projektförderung des Bundes umfasst. Neben der Recherche in der Datenbank können dort auch ausgewählte Statistiken abgerufen werden.
Das Interview ist im Fachmagazin SERVICE TODAY (Ausgabe 3/22) des Kundendienst-Verbands Deutschland e. V. erschienen.